Johannes Saurer Architekt BSA

Neubau Wohn- / Geschäftshaus Dorfkern Adelboden

Auftraggeber

Privat

Studienauftrag

selektiv

Planung

2007

Rangierung

1. Rang

 Nicht nur Bauten machen ein Ortsbild aus, sondern auch Räume. Die Räume zwischen den Häusern, die Plätze und Strassen, die Gärten und Parkanlagen. Ein Ort ist bestimmt durch das Verhältnis der Bauten untereinander, aber ebenso durch das Verhältnis zu dem, was ihn umgibt, zu den Wäldern und Wiesen, zur Landschaft. An der Dorfstrasse sollen die bestehenden, baufälligen Gebäude durch Neubauten ersetzt werden. Prägend für den Ort sind die aufgereihten, eng zueinander stehenden Einzelbauten. Es ergeben sich interessante Durchblicke auf die gegenüberliegende Talseite und die Berge. Holzbauten mit weit in den Strassenraum auskragenden Satteldächern dominieren das Dorfbild. Die Firstrichtung liegt generell in der Falllinie des Hanges. Die gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses lädt zum flanieren ein.
Hinter der dichten Bebauung an der Dorfstrasse stehen die Häuser in lockerem Verband entlang von Erschliessungsstrassen, dazwischen fliesst die Grünfläche durch.
Der Hang ist gut sicht- und spürbar.

Die Nutzung erzeugt die Gestalt. Gebäudetypen erkennt man an deren Nutzung. Vorgesehen sind eine Arztpraxis, eine 6, eine 5 und eine 4-Zimmerwohnung. Das verbleibende Volumen wird für Wohnungen unterschiedlicher Grösse genutzt. Im Erdgeschoss entlang der Dorfstrasse ist Platz für Läden und Restaurationsbetriebe. Eine Einstellhalle bietet Platz für 20 Autos.
Die klare Gliederung der Innenräume erlaubt schöne Durchblicke und eine grosse Transparenz.
Dabei werden die Fixpunkte möglichst klein gehalten, auf tragende Innenwände wird verzichtet. Die Wohnqualität wird durch überhohe Räume, gleichwertige Zimmer und mit Schiebewänden veränderbare Räume gesteigert.

Konstruieren heisst das Zusammenfügen von Bauteilen zu einem Bauwerk. Der Gebrauch und die architektonische Absicht prägen die Konstruktion. Mit einer einfachen Bauweise und einem bescheidenem Ausbaustandard versuchen wir den neuen Wohnraum erschwinglich zu machen. Die Materialien sollen möglichst pur in ihrer Beschaffenheit verwendet werden. Dies kommt aussen und innen durch die mehr oder weniger roh belassenen Böden, Wände und Decken zum Ausdruck. Die Holzelemente werden mit hoher Präzision in einer Zimmerei gefertigt und mit wenig Zeitaufwand an Ort montiert. Die Elemente bestehen aus wenigen, dampfdiffusionsoffenen Schichten. Ein massiver Eichenriemenboden bildet die sichtbare Oberfläche. Das Satteldach wird mit einem eleganten Kupferblechdach eingedeckt.

Zitat von Leza Dosch: „Der Widerspruch zwischen alten Formen und neuen Aufgaben zeugt von einer Identitätskrise. Auf der ästhetischen Ebene ist er Ausdruck der Sehnsucht nach einheitlichen Dorfbildern, die in der Vergangenheit einheitlichen Wirtschaftsweisen entsprachen. Auf der gesellschaftlichen Ebene erinnert er an verlorenes ursprüngliches Leben im Zustand bäuerlicher Selbstversorgung.“

Bis vor hundertfünfzig Jahren war der jeweils vorherrschende Baustil so stark, dass sich daneben kein weiterer behaupten konnte. Jedes Gebäude kann und muss heute an sich selber gemessen werden. Neue Bauten in alter Umgebung sollten selbstständig sein, den Faden zum Gewachsenen aber nicht abreissen lassen. Es ist die nostalgische Tourismusarchitektur, die Formen alter Bauernhäuser imitiert, aufbläst und verstümmelt. Wir respektieren die ortstypische, traditionelle Bauweise und fügen unsere Bauten als weitere Bausteine in die gewachsenen Strukturen ein, allerdings nicht in der üblichen regionalistischen oder traditionalistischen Weise, bei der formale Elemente zitiert werden, um das Bild regionalen Bauens zu rekonstruieren. Übernommen werden vielmehr Bauweise und Typologie, während der Ausdruck der Häuser,
z.B. aufgrund neuer Fensterformen, durchaus zeitgenössisch sind.